geschrieben von Michael Schwab
Können katholische Verbände heute noch in die Weite strahlen? Oder sind sie bereits kurz vor dem „Verglühen“? Für GKP-Mitglied und Autor Heinrich Wullhorst eine Frage, die ihn als ausgewiesenen „Verbandsmenschen“ und langjährigen Pressesprecher des Kolpingwerks Deutschland nicht nur innerlich aufwühlt, sondern auch zum Schreiben eines Buches veranlasst hat. „Leuchtturm oder Kerzenstummel?“ lautet Wullhorsts provokanter Titel, den die GKP-Region Fulda aufgegriffen hat, um online mit dem gebürtigen Rheinländer über die Zukunft der katholischen Verbände in Deutschland zu diskutieren.
Mit Thesen des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck jedenfalls hat der Referent wenig am Hut. Dass „diese Sozialformen keine große Attraktivität mehr haben“ (sollen) oder „nicht mehr unsere Kultur sind“, wie der Bischof vor Jahren auf einer Tagung in der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ formuliert hatte, sieht Wullhorst völlig anders. „Wir brauchen sie!“, betont er. „Wir brauchen sie als Berufsverbände wie die GKP oder als Verbände, die sich speziellen Zielen zuwenden. Wir brauchen sie, um die Transformation des Glaubens ins nächste Jahrhundert hinzubekommen. Aber auch, um als Brücke zu den Menschen zu wirken, was die katholischen Verbände immer schon waren.“
Gleichzeitig benennt Wullhorst, der die gut besuchte Online-Runde mit einem historischen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des katholischen Verbandswesens im 19. Jahrhundert begonnen hatte, einige der Probleme, vor denen die Verbände aktuell stehen: Rückgang des katholischen Lebens, Auflösung katholischer Milieus, Bedeutungsverlust von Kirche, Mitgliederschwund in Kirche und Verbänden, Glaubwürdigkeitsverlust und nicht zuletzt die Missbrauchsverbrechen. Unter dem Strich hätten all diese Faktoren der Verbandsentwicklung erheblich geschadet.
Für Wullhorst, der zurzeit unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) betreut und zugleich Pressereferent des Cartellverbands (CV) der katholischen Studentenverbindungen ist, kein Grund zu resignieren. Er plädiert vielmehr dafür, dass die katholischen Verbände ihr jeweiliges Profil stärken, neue Zielgruppen suchen, neue Veranstaltungsformen finden (zum Beispiel online) und aktiv Themen in Gesellschaft und Politik setzen sollten. „Die katholischen Verbände müssen Menschen eine Heimat geben und Glauben leben.“ „Und: Wir müssen deutlicher und lauter werden“, fordert Wullhorst.
Damit das gelingen kann, ist es aus seiner Sicht notwendig, „raus zu den Menschen zu gehen, sich zu präsentieren, aktiv Themen zu setzen und in ihren politischen Konzepten wie beim Rentenmodell der katholischen Verbände alltagstauglich zu werden.“ Aber genau darin liegt die Crux. Leider „sind wir nicht mehr nah bei den Menschen“, bedauert der Referent. Zu sehr hätten sich die Verbände in die Pfarrheime drängen lassen: „Wir müssen uns von den lokalen Kirchtürmen wegbewegen, uns in das Leben einmischen“, etwa indem Veranstaltungen in Kneipen angeboten werden.
Trotz schwieriger Ausgangslage zeigt sich Wullhorst optimistisch: Die katholischen Verbände blieben „auch in der Krise lebensfähig.“ Mehr als eine Million Mitglieder seien ein „gutes Pfund“. Neue Mitglieder zu gewinnen, sei allerdings ein entscheidender Aspekt für die Zukunftsfähigkeit der Verbände. Das könne am besten durch direkte Ansprache gelingen. Ebenso wichtig sei, die Medienvielfalt zu nutzen. „Wir müssen selbstbewusst die Sache angehen, manchmal unbequem sein und deutlich machen: Wir sind da!“ „Das ist eine geradezu „missionarische und keine leichte Aufgabe“, meint Wullhorst.